In eisiger Nacht

Erscheinungsdatum: 26.01.2018

Autor: Tony Parsons

Seitenzahl: 336 Seiten

ISBN: 978-3-7325-4992-4

Erhältlich: hier

Klappentext: Ein Schicksal, schlimmer als der Tod
London, an einem frostigen Wintermorgen. Bei einem Einsatz erwartet Detective Max Wolfe ein schrecklicher Anblick: In einem Kühllaster liegen zwölf erfrorene Frauen.  Offenbar hatten sie noch versucht, sich aus ihrem eisigen Gefängnis zu befreien – vergeblich. Alles deutet darauf hin, dass sie von Schleusern illegal ins Land geschafft wurden. Doch warum mussten sie sterben? Als man im Führerhaus des Lasters nicht zwölf, sondern dreizehn Pässe entdeckt, schöpft Max Hoffnung: Wo ist die dreizehnte Frau? Lebt sie vielleicht noch? Auf der Suche nach ihr tauchen Max und seine Kollegen tief in die dunkle, gefährliche Welt des Menschenhandels ein – und nicht jeder von ihnen wird lebend zurückkehren ... (Cover, Klappentext by Bastei Lübbe)


Rezension:
Nicht der Drogenhandel, nicht der Waffenschmuggel, nicht die Prostitution sind die größten illegalen Geschäftszweige unserer Zeit … nein, es gibt noch etwas viel Größeres … und das kostet Hunderte Frauen das Leben – der Menschenhandel.

Mit „In eisiger Nacht“ schickt der Autor Tony Parsons seinen Detective Max Wolfe bereits zum vierten Mal in die Abgründe der Londoner Unterwelt, um einen grausamen Mordfall zu lösen. Dabei stellt sich heraus, dass die Hintergründe viel verschlagener und abgebrühter sind, als die Metropolitain Police erwartet hat. Und so begibt sich der Ermittler auf eine verworrene Spurensuche ohne Happy End.
Auf Grundlage der anfänglich gefundenen Frauenleichen schickt Parsons seinen Protagonisten im Verlauf der Handlung von einem Anhaltspunkt zum Nächsten. Dabei ist nicht jede Spur von Erfolg gekrönt und brutale Angriffe schlagen die Ermittlungen immer wieder zurück. Diese nur sehr langsame Art der Verbrecherjagd machte es dem Leser dabei sehr schwer, sich in die Handlung hinein zu versetzen oder selbst Anhaltspunkte zum Mitdenken und ermitteln zu finden. Infolgedessen baut sich auch der Spannungsbogen nur zögerlich auf und der Stil des Autors erzeugt somit das Gefühl, als würde der Leser nur als unbeteiligter Geist über einer matten und fremden Handlung schweben und diese aus weiter Entfernung mitverfolgen.
Nur an wenigen, sehr tragischen Stellen löst man sich von dieser Perspektive und kann mit Wolfe und den anderen Charakteren mitfühlen und ihre Leiden nachvollziehen. Die Ursache für diese 'fremde' Erzählweise liegt jedoch nicht allein bei der Handlung, sondern auch bei den Eindrücken, die man in Max Wolfes Leben erhält.

Detective Max Wolfe – Ermittler bei der Metropolitain Police, Hundemensch und alleinerziehender Vater – hat bereits vieles in seiner langen Laufbahn als Polizist erlebt. Doch als er in einem Kühllaster 12 qualvoll erfrorene Körper findet, ahnt er noch nicht, welche grausamen Entdeckungen er noch machen muss. Das Schicksal der jungen Frauen berührt ihn und sorgt dafür, dass er sich näher mit dem durch die Flüchtlingskrise boomenden Menschenhandel auseinandersetzt. Während seiner Ermittlungen trifft Wolfe somit auf verzweifelte oder auch abgebrühte Schleuser, illegale Einwanderer – die der Willkür Fremder wehrlos ausgeliefert sind – und gewalttätige 'Leiter' illegaler Flüchtlingscamps, die ihm irgendwie auf die Spur des Drahtziehers führen sollen. Doch wie soll man einen Fall lösen, wenn man noch nicht einmal weiß, was der Hintergrund der Tat ist und in welchen Kreisen die möglichen Verdächtigen verkehren?
Die Wut auf die Verbrecher und die Liebe zu seiner Tochter sowie dem Familienhund bestimmen Max' Gefühlslage. Abgesehen von diesen beiden Emotionen ist es schwer andere Stimmungen oder Gedanken des Detectives zu erfassen. Ich bin mir sicher, dass noch viele weitere Wesenszüge diesem Protagonisten zu eigen sind, doch deutlich werden sie nur selten. Einzig die Reaktion auf Tod und Gewalt, lösen doch sichtbare Verhaltensweisen bei Wolfe aus. Und genau da ist leider der zweite Knackpunkt im Bezug auf die Atmosphäre des Romans. Die mangelnde Tiefe und das Ausbleiben einer merklichen Entwicklung lassen Max fremd und unterkühlt erscheinen, sodass der Leser beim Lesen nur wenig „Emotionen“ empfinden kann. Lediglich gegen Ende scheint sich etwas in Max zu rühren und er trifft eine interessante Entscheidung, deren Folgen leider offenbleiben.

Die Nebencharaktere, wie Max' Freund Billy oder seine Partnerin Eddie, sind im Gegensatz zum Protagonisten sehr viel tiefgründiger und lassen die verschiedensten Hoffnungen und Ängste erahnen. Sie bilden damit einen klaren Kontrast und schaffen es die Atmosphäre ein wenig zu 'retten'. Sie sind es, die den Leser zum Bangen und Trauern bringen und der Handlung Tiefe geben.

Bewertung:
Zugegebener Maßen: „In Eisiger Nacht“ ist das erste Buch, das ich von Tony Parsons gelesen habe. Und obwohl man schnell in die Handlung hineinfindet, kann es sein, dass mir möglich Gründe für Max' Verhalten nicht bekannt sind. Doch als Neueinsteiger in die Reihe komme ich nicht umhin, zu bemerken, dass die Idee des Kriminalfalls nicht ausgeschöpft wurde. Die Nebencharaktere und teils auch Max Wolfe selbst sind interessant und passend zur Handlung, deren Grundidee meinen Geschmack und mein Interesse ganz klar getroffen hat. Doch die Art und Weise, wie der Autor die Handlung sich hat entwickeln lassen, und wie wenig „Platz zum Rätseln“ dabei dem Leser gelassen wurde, hat mir nicht gefallen. Der Mangel der Spannung sorgte dafür, dass einige Abschnitte sehr langatmig waren und die Ereignisse stagnierten. Hinzu kommt die unpersönliche Art des Protagonisten, welche eine positive Atmosphäre nicht gerade gefördert hat.

Es gibt bestimmt Fans dieses langsamen Stils, doch für meinen Geschmack glichen die ersten beiden Drittel des Romans eher einer seichten Erzählung, als einer guten und spannenden Kriminallektüre.


6/10  bzw. 3/5 Sterne
★★★★★★

PS Bei diesem Roman handelt es sich um ein von "Bastei Lübbe" bereitgestelltes Rezensionsexemplar. Ich bedanke mich recht herzlich für die daraus resultierende Unterstützung meiner Arbeit auf diesem Blog. Dennoch hat dieser Umstand keinerlei Einfluss auf meine Meinung und Bewertung des Werkes.

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